Gedanken zum neuen Ilsede/Lahstedter Wappen

Meine Meinung & Adenstedt-Blogs - Redaktions-Blog

"Bestimmendes Kennzeichen der Heraldik ist die Beschränkung auf das Wesentliche, was einen Ort auszeichnet.
Die Reduktion auf eine grafische Symbolik ergibt eine Zeitlosigkeit. Dieses gilt es in der Wappenkunde zu beachten:

Nun ist in der Mehrheit der bisherigen Wappen der Gemeinden die Farbsymbolik rot/gelb bzw. rot gold gewählt worden. Diese betonen den Kampf des bischöflichen Hildesheim mit dem Herzogtum Braunschweig. An dieser Farb-Symbolik nicht weiter festzuhalten, wäre sträflich.

Als zusammenhaltende natur-geschichtliche Basis der beiden neuen Gemeinden scheint mir der Fluß Fuhse zu sein, der im Lahstedter Wappen als Wellenschnitt aufgenommen ist. Da der Wellenschnitt mittlerweile in der Heraldik akzeptiert ist, sollte dieses Merkmal auch im neuen Wappen übernommen werden - zugunsten einer Schildteilung oder einer Schildspaltung, die bei einer Zusammenfügung zweier Gemeinden als erstes ins Auge fallen würde. Ich denke, daß einer Übernahme der Fuhse-Symbolik aus dem Lahstedter Wappen nichts entgegenstehen sollte.

 


Eines der definitiv herausragenden Merkmale der Region ist in der Tat ihr Boden. So hat der Mutterboden (die Hildesheimer Börde) hier eine Güte, die deutschlandweit seinesgleichen sucht, und hier Ernterträge zuläßt, die sogar internationale Saatgutforschungsanstalten anzieht. Zusätzlich hat die Region geschichtlich bisher von Ölvorkommen, Kohlevorkommen extrem profitiert. Dieses (die heimatliche Erde) gilt es heraldisch umzusetzten. Meiner Meinung nach ist dieses im unteren Schildteil des Oberger und Adenstedter Wappen genial gelöst. Da die Heraldik auf Reduzierung drängt, denke ich daß der ertragreiche güldene Boden des Adenstedter Wappens (der hier einen Hügel symbolisierte) die Idealbesetzung eines Wappens ist. Folglich sind die Grundmuster die rot/gold gehaltene runde Boden Land-Teilung mit der durchschnittenen Fuhse.

Da der ehemalige Erzbergwerks-Bau schon ein bestimmendes Merkmal der jüngeren Geschichte ist, und auch in diveresen Ortswappen hier widerzufinden ist, denke ich, daß die Symbolik des ertragreichen Bodens noch zu verstärken wäre, indem man den Pflugschar-Schild des Ilseder Wapens mit Hammer und Schlägel im Bodenbereich übernehmen und integrieren sollte. Neben Muttererde, Kohle, Eisenerz und Bergbau halte ich hierin auch die Bodenschätze Erdöl/Erdgas an dieser Position damit abgedeckt. Um die schwarzen Rauten, das Erdöl, und das schwarze Erz besser zu integrieren würde ich die schwarz-Symbolik des Ölsburger, Neu-Ölsburger und Bültener Wappens aufgreifen und Hammer und die Schlägel-Köpfe aus dem Ilseder Logo schwarz färben.

Ich rate davon ab, die Burg-Zinnen bzw. den welfischen Löwen aus dem Ilseder Wappen zu übernehmen. Schließlich lief die welfisch-hannöverlisch-bistümliche "Grenze" durch das Lahstedt/Ilseder Gebiet. Dieser Grenzverlauf, denke ich, ist durch die Zweiteilung/Wellenteilung des Wappens, durch die möglich angedeutete Fuhse bereits gelöst. Sich hier auf eine Seite (die der Welfen) zu schlagen , halte ich zeitgeschichtlich für unangemessen den bistümlichen Regionen, aber auch der heutigen Bedeutung nicht mehr gerecht.

Sollte ein WappenTIER auftauchen, so denke ich eher an den Wolf, der in der Peiner Region bis zur Region Asse und Wolfenbüttel immer wieder vertreten ist - da er sowohl Groß und Klein-Ilsede im Wappen dienlich ist, und im regional übergeordneten Wappen des Kreises Peine mit den Schildfarben rot/gold(gelb) wiederauftaucht. Symbolisiert er für Peine doch: Die beiden Wölfe stehen auf Wacht für den Bestand des Kreises Peine gegen die stets gebietshungrigen Wappenlöwen der städtischen Ballungszentren Hannover und Braunschweig. Mit einem Wechsel auf dieses Wappentier halte ich die Eigenständigkeit der Region Ilsede für hervorragend präsentiert, als auch die regionale Betonung für einen großen und breiten Tierbestand als bestens gegeben. Man mag sich nun über die Wolfs-form (stehend, gehend, ausgeschmückt oder stilisiert) streiten, ich selber präferiere die stilisierte Form, auf den Kopfbereich reduziert - alleine um der Heraldik gerecht zu werden und das neue Gemeindewappen nicht zu überfrachten.
Alternativ käme hier natürlich auch das springende Niedersachsenross in Frage, doch die historische Wolf-Verwurzelung in den bisherigen Gemeindewappen Groß-Ilsedes, Klein Ilsedes und Peines sollte meiner Meinung nach nicht unberücksichtigt bleiben

Dieses würde ich im oberen Schildteil zur Geltung bringen. die Haltung des Wolfes würde ich jedoch als Reminessenz an den Welfenlöwen anlehnen. Der ehemaligen Rad-Symbolik des Lahsteder, Gadenstedter und Solschener Wappens messe ich für die neue Gemeinde dagegen geringere Bedeutung zu. Die Förderturm-Symbolik halte ich für zu kurz gegriffen und lediglich neuzeitlich. 

Hier halte ich für den unteren Fuhseteil dagegen die Symbolik der Samtgemeinde Kissenbrück als herausragend auch für die neue Gemeinde Ilsede. So steht das nach unten gerichtete Schwert für die Wehrhaftigkeit, als auch die maschinelle Bodenbearbeitung (als auch eine Boden-Anzapfung durch Öl-Bohrung kann hier gesehen werden), die aufgerichtete Ähre (im Gegensatz zur liegenden Peiner Ähre) steht für die Fruchtbarkeit der Region. Dieses würde ich gerne ähnlich übernehmen. Auch um dem Wolf im oberen Bereich ein optisches und symbolisches Gegengewicht zu geben. Der Tierwelt die Pflanzenwelt entgegenzusetzen, aber auch die Bearbeitung der Pflanzenwelt in der Schwert/Ähren-Kombination. Der Symbolik des Lahstedter Wappens mit dem fünfblättrigen Eichen-blatt messe ich dagegen eine geringere Bedeutung bei, denn der Korn-Ähre die weit mehr für Fruchtbarkeit, Ertrag und Reichtum steht. Dominant für die Region ist ja auch eher der Feldbestand, denn der Waldbestand.

Das nach unten gerichtete Schwert steht symbolisch für die Regions-prägende Stahlindustrie, drückt aber auch eine friedfertige Wehrfähigkeit aus, Das nach oben gerichtete erhobene Schwert dagegen eine Streitlust oder bestenfalls einen einen aktiven praktizierten Wehrwillen. Erstes sehe ich für beide Gemeinden heraldisch hervorragend symbolisch ausgedrückt, zweiteres (das erhobene Schwert oder womöglich gekreuzte Symbole) vermag ich jedoch nicht zu begründen.
Neben der Behauptungsfähigkeit, die sich in der Schwertsymbolik ausdrückt, integriert das auf die Spitze gestellte Schwert in seiner ebenfalls doppeldeutigen "Kreuz"-Symbolik auch einen Großteil der christlichen Gemeindeschaft. Schließlich hat dieser Landstrich als Grenze zwischen den katholischen und evangelischen Weltanschauugen historisch starken Anforderungen standhalten müssen. Dieses ist in der auf den Kopf gestellten Schwert-Symbolik gut zu sehen. Wenn man dieses Schwert nun noch auf den goldnen Boden stellt so ergibt sich fast eine Kirchenkuppel mit First-Kreuz.

Weiterhin enthält diese Hügel-Kreuz-Kombination alle Auslegungsmöglichkeiten bezüglich der urgeschichtlichen Hügelgräber der Iseder/Lahstedter Region. Und auch einen wehrhaften Bismark-Turm in O-"Berg" bezieht dieses in einer sehr einfachen Symbolik mit ein.  In der Kombination Schwerter und Pflugscharen ergeben sich weitere hervorragende Assoziationen.

Nun ist die Heraldik, und erst recht die Wappen-Heraldik eine sehr schwierige Kunst. Sie ist bedacht, alte Symboliken zu bewahren und neue Symboliken zu reduzieren. Dieses ist auch Recht so, um eine schnelle Auffasungsfähigkeit zu ermöglichen. Fusionen sind der meist Tod der Heraldik, wollen doch beide Parteien ihre Symbolik mitnehmen. Dieses führt oft zu unansehnlichen vierfach oder fünffach-Schildteilungen.

Daher hier nun der Neuentwurf eines Wappens:

Allerdings stellen sich für mich in der Tat noch einige Fragen: Wie geht man mit der Neuzeit um. Kann das Wahrzeichen eines jeden Dorfes aufgenommen werden?
Ich meine hier maximale Kompromisse gefunden zu haben.

Aber Fruchtbare Erde ist doch grün - so wie bei Peine?  
Einer unproportionalen Schildteilung und einer Farbvielfalt nach Peiner Muster würde widersprechen, da dieses zu weit von einer Einfachheit und Symolhaften schnellen Lesbarkeit ablenkt. Da Korn und Raps goldgelb sind und die Gold-Symbolik stärker wiegt, würde ich keine weitere Farbe einführen.

Natürlich könnte man auch die Kreuz-Symbolik weiter vereinfachen, auf ein stilisiertes Kreuz, doch denke ich, daß hier die Interpretationsmöglichkeiten zu stark eingeschränkt sind auf lediglich Hügelgräber und kirchliche Konflikte. Einer kombinierten Kreuz(als)Schwert-Symbolik würde ich daher den Vorrang geben.

Auch sind in der Heraldik Farben, wie z.B. blau zugelassen. Sollte man die Fuhse blau machen? Ich meine nein, dieses Symbol ist einem alten Wappen (dem Lahstedter) entnommen und sollte so traditionell behandelt werden. Weiß (bzw. Silber) und schwarz gelten als Nicht-Farbe und die Farbsymbolik ist soweit-als-möglich zu reduzieren. Ein blauer Fluß legt inhaltlich zu sehr fest. In Weiß ist eher der Grenzcharakter gemeint. Der kann physischen Charakters sein, wie die Fuhse; kann idellen Characters sein, wie die bistümlich-welfische Grenze bzw. katholisch-evangelische oder welch blutigen Grenzbereich auch immer man noch hineininterpretieren mag. Auch bildet er für einige Gemeinden eher die historischen Handelswege ab. Dieses ist z.B. für Lafferde mit seinem Markt nicht außeracht zu lassen

Andererseits könnte man den Fluß statt Wellenteilung auch weiter stilisieren. Auch hier denke ich, daß dieses traditionell eher zu unterbleiben hat, und einer Interpretation auch nicht förderlich ist.. 

Desweiteren halte ich in der güldenen-Erde-Symbolik die Adenstedter Erde für stilisiert besser gelöst, als die verspielte Hügel-Linie der Oberger. Getreu dem Vereinfachungsprinzip kann für mich also nur eine Kugelform möglich sein.  

Ich denke, daß mit diesem Wappen somit fast alle Gemeinden miteinbezogen sind, und den heraldischen Herausforderungen gefolgt ist. In der optischen Ausarbeitung ist mir der Wolf noch nicht harmonisch zu den anderen Wappenteilen gelungen. Diesen gilt es von einem Grafiker neu zu gestalten und nicht aus dem alten Groß-Ilseder Wappen per copy-paste zu übernehmen.

Ich nominiere dieses Wappen hiermit für die darüber zu entscheidende Ratssitzung.


udate / Nachtrag:

Nach weiteren Diskussionen bin ich auch zu der Überzeugung gelangt, daß die Ähre aus 11 Körnern bestehen sollte. Es gibt Stimmen, die die Speichenrad-Symbolik mit 11 Speichen wiederaufnehmen wollen, doch halte ich das Korn für symbolisch Aussage-stärker.

Da auch immer wieder die Thematik nach Reduktion auftaucht, denke ich, daß die Fuhse für die Region keine besondere Wirkung hat, denn als Abwasserträger. Die historische Grenzthematik der Welle (Welfen) halte ich zeitgemäß für überholt, bzw die Handelsthematik der B1 für Lahstedt als Marktplatz nur noch für traditionell. Ebenso verhält es sich mit der Tierthematik von Wolf oder Löwe, Ich könnte mich somit notfalls von einer Trennung von diesen beiden Themenbereichen anfreunden.   Übrig bliebe dann fogendes, welches aus symmetriegründen vielleicht noch mit der Oberger Waldthematik kombinierbar ist:

 

 

2. update /Nachtrag im Juni 2015

Nach der Ablehnung des obigen Entwurfes durch die Gemeinde und weiteren Diskussionen bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß sich die 11 Ortschaften auch im Eisen-Symbol abzeichnen sollten :( . Ebenfalls habe ich mich dazu durchgerungen, das Schlägel/Eisen-Symbol dem der stillgelegten Bergwerke anzupassen, und demgemäß auf den Kopf zu stellen.

oder das historisch besser herleitbare:

Nunja, Spaß beiseite. Es gibt tatsächlich viele, die sich mit einem Schwert-Symbol gar nicht identifizieren können. Daher habe ich mich durchgerungen, eine Anleihe an die Seilscheibe, das Grubenrad der Hütte zu machen, und dieses mit dem Solschener Rad zu kombinieren. Das Grubenrad Ilsedes ist 10-Speichig, das der Grube Bülten nur 8. Da aber 11 Ortschaften die neue Gemeinde bilden, sollen sie auch symbolisch als gemeinsames Rad die Last des Wagens tragen.

Bezüglich der Eisen-Thematik kann man immer noch darüber diskutieren, ob das Eisenrad oder die Eisenfelge in Silber ausgeführt werden solle. Aber um die Farbvielfalt zu minimieren, habe ich mich erst einmal für ein goldenes Rad entschieden.

Bei der paralellen Gestaltung des Siegels der Gemeinde Ilsede würde ich nach Hildesheimer Vorbild eine Umschrift "sigillum burgensium de Ilisedem" (Siegel der Bürger Ilsedes) sehen.

Das historisch hergeleitete Wappenschild oben ist allerdings kein Spaß. beinhaltet es doch die wesentlichen Elemente der großen Fürsten/Ritter der Region. Ich halte es für wesentlich Siegel-fähiger, als die anderen Entwürfe. Vielleicht ließe sich dieses mit der 11-körnigen Ähre kombinieren, man sollte dann jedoch auf die ganz "alten Farben" umschwenken.

Und wenn man ganz genau hinschaut, sieht man noch das schwarze Bergmanns-Symbol im Pfahl.

Folglich die aktualisierte Version:

oder die historische hergeleitete Alternative::

 

Aktualisiert (Donnerstag, den 02. Juli 2015 um 11:20 Uhr)